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Cannabisgesetz und SuchtberatungAktuelle Informationen

Das Cannabisgesetz und die Bedeutung für die niedersächsische Suchtberatung

Das Cannabisgesetz (CanG) stellt ein Paradigmenwechsel in der deutschen Sucht- und Drogenpolitik dar, der gestaltet werden will. Auf dieser Seite wollen wir Ihnen aktuelle Infomationen zum Gesetz zur Verfügung stellen und unsere Aktivitäten aufzeigen, wie wir den Prozess der Umsetzung unterstützen wollen.

Im folgenden finden Sie Informationen

  • zum Cannabisgesetz und ergänzenden Dokumenten
  • zu den Aufgaben für die Fachstellen für Sucht und Suchtprävention und die NLS, die sich daraus ergeben
  • zu den Aktivitäten der NLS
  • zu weiterführenden Links zum CanG

An anderer Stelle dieser Seite finden Sie eine systematische allgemeine Übersicht zur Cannabisprävention.

Cannabisgesetz und ergänzende Dokumente

Das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)  wurde am 1. März 2024 im Bundestag beschlossen. Nachdem es Widerstand aus den Bundesländern gab, reichte Bundesgesundheitsminister Lauterbach dem Bundesrat eine Protokollerklärung ein.

In dieser werden unter anderem Nachbesserungen bei Prävention und Frühintervention zugesagt. Das Gesetz passierte am 22. März den Bundesrat. Die Protokollerklärung endet mit dem Satz „Diese Regelungen sind noch vor dem 1. Juli 2024 bundesrechtlich sicher zu verankern.“ Insofern sind Überarbeitungen des jetzigen Gesetzestextes zu erwarten.

Sobald die Ausführungsvorschriften des Landes Niedersachsen vorliegen, werden wir diese hier veröffentlichen.

Stellungnahmen zum Gesetz(esentwurf)

Das Cannabisgesetz ist recht umstritten. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sind vielfältige Stellungnamen abgegeben worden, die zentrale Argumente und Probleme aufzeigen: Über 50 Stellungnahmen zum Referentenentwurf des Cannabisgesetz (Juli 2023):  (Aufruf: 26.03.2024). Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag am 18.10.2023 gab es eine Anhörung des Gesundheitsausschusses am 6. November 2023. Hier äußerten sich Expert*innen, weitere Stellungnahmen wurden schriftlich abgegeben (Aufruf: 26.03.2024).

Bereits im Juni 2022 gab es fünf Expertenhearings zur Gesetzgebung, die aufgezeichnet wurden.

  1. Gesundheits- und Verbraucherschutz (14.06.2022)
  2. Jugendschutz und Prävention (15.06.2022)
  3. Lieferketten, ökologische und ökonomische Fragestellungen (28.06.2022)
  4. Strafbarkeit, Kontrollmaßnahmen und Lizenzierung (29.06.2022)
  5. International Expert Hearing – Konferenz zu internationalen Erfahrungen (30.06.2022)

Chronik der Gesetzgebung

Hier finden Sie den Verlauf der Cannabis Gesetzgebung (CanG) beginnend mit dem Koalitionsvertrag. Der Verlauf ist umgekehrt chronologisch, sodass die neusten Entwicklungen oben stehen. Die Gesetzgebung ist sehr umfangreich, daher beschränken wir uns auf die zentralen Eckpunkte für die Suchthilfe und Suchtprävention und stellen  Anforderungen an die Suchtberatungsstellen heraus.

22. März 2024

Das Gesetz passiert den Bundesrat nachdem Nachbesserungen bei Prävention und Frühintervention durch Bundesgesundheitsminister Lauterbach zugesagt wurden. Wenn der endgültige Gesetzestext vorliegt, werden in den Bundesländern die Ausführungsvorschriften erarbeitet.

1. März 2024

Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages

Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) (Drucksache 92/24)

23. Februar 2024

Der Bundestag billigt den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zum kontrollierten Umgang mit Cannabis“. Die Anträge von CDU/CSU zum Stopp der kontrollierten Freigabe werden abgelehnt.

Zentrale Punkte des Gesetzes für die Fachstellen für Sucht und Suchtprävention sind:

Kooperationsvereinbarung zwischen Anbauvereinigung und Suchtberatung

  • 23 CanG

(5) Anbauvereinigungen sollen mit Suchtberatungsstellen vor Ort in der Weise kooperieren, dass Mitglieder mit einem riskanten Konsumverhalten oder einer bereits bestehenden Abhängigkeit ein Zugang zum Suchthilfesystem ermöglicht wird.

Schulung der Präventionskräfte der Anbauvereinigungen

  • 23 CanG

(4) Anbauvereinigungen sind verpflichtet, zu einem umfassenden Jugend- und Gesundheitsschutz beizutragen und ihre Mitglieder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis anzuhalten. Zu diesem Zweck ernennt der Vorstand jeder Anbauvereinigung ein Mitglied als Präventionsbeauftragten. Der Präventionsbeauftragte steht Mitgliedern der jeweiligen Anbauvereinigung als Ansprechperson für Fragen der Suchtprävention zur Verfügung. Er stellt sicher, dass durch die Anbauvereinigung geeignete Maßnahmen zur Erreichung eines umfassenden Jugend- und Gesundheitsschutzes sowie zur Suchtprävention getroffen werden, insbesondere bringt der Präventionsbeauftragte seine Kenntnisse bei der

Erstellung des Gesundheits- und Jugendschutzkonzeptes nach Absatz 6 ein und stellt dessen Umsetzung sicher. Der Präventionsbeauftragte hat gegenüber der Anbauvereinigung nachzuweisen, dass er über spezifische Beratungs- und Präventionskenntnisse verfügt, die er durch Suchtpräventionsschulungen bei Landes- oder Fachstellen für Suchtprävention oder bei vergleichbar qualifizierten Einrichtungen erworben hat. Der Nachweis der Beratungs- und Präventionskenntnisse wird durch eine Bescheinigung der Teilnahme an einer der in Satz 5 genannten Schulungen erbracht.

Frühinterventionsangebote

  • 7 CanG

(1) Verstößt eine minderjährige Person gegen § 2 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 12, ohne sich nach § 34 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 12 strafbar zu machen, hat die zuständige Polizei- und Ordnungsbehörde unverzüglich die Personensorgeberechtigten hierüber zu informieren.

(2) Bei gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung des Wohls des Kindes oder des Jugendlichen hat die zuständige Polizei- und Ordnungsbehörde darüber hinaus unverzüglich den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu informieren und die aus ihrer Sicht zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos erforderlichen Daten zu übermitteln. Gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung können insbesondere bei Hinweisen auf ein riskantes Konsumverhalten unter besonderer Berücksichtigung des Alters der minderjährigen Person vorliegen. § 4 Absatz 2 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz gilt entsprechend.

(3) Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat unter Einbeziehung der Personensorgeberechtigten darauf hinzuwirken, dass Kinder und Jugendliche geeignete Frühinterventionsprogramme oder vergleichbare Maßnahmen auch anderer Leistungsträger in Anspruch nehmen.

Februar 2024

Die Beschlussfassung wird im Gesundheitsausschuss des Bundestages diskutiert, vereinzelte Änderungen werden vorgenommen.

12. April 2023

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellen ihre Gesetzespläne in einem neuen Eckpunktepapier  vor. Geplant ist ein 2-Säulen-Modell.

Säule 1:

Der Anbau in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen und der private Eigenanbau soll bundesweit ermöglicht werden.

Säule 2:

In ausgewählten Regionen soll fünf Jahre ein wissenschaftlich konzipiertes Modellvorhaben umgesetzt werden. Dabei wird Unternehmen – in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen – die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe von Genusscannabis ermöglicht. Die Abgabe soll dabei lediglich an Erwachsene in Fachgeschäften erfolgen. Das Modell wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Die Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt sollen dadurch genauer untersucht werden.

Geplant ist, dass das Gesetz zum 01. Januar 2024 in Kraft tritt.

Dezember 2022

Das Eckpunktepapier wird der EU zur Prüfung vorgelegt. Hintergrund ist, dass Regelungen des Völker- und Europarechts den Umgang mit Suchtstoffen wie Cannabis limitieren und damit die Möglichkeiten begrenzen, das Vorhaben umzusetzen. Ein Gesetzentwurf soll deshalb erst dann erarbeitet und vorgelegt werden, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die geplanten Maßnahmen zur kontrollierten Cannabis-Abgabe rechtlich umsetzbar sind.

Die Beratungen ergeben, dass erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Eckpunktepapiers mit dem EU Recht bestehen. Der Gesetzentwurf muss überarbeitet werden.

26. Oktober 2022

Das Kabinett beschließt den Entwurf eines Eckpunktepapiers. Das Papier soll Grundlage für einen künftigen Gesetzentwurf sein.

Zentrale Inhalte sind:

  • Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) werden künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft.
  • Die Produktion, die Lieferung und der Vertrieb werden innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen.
  • Der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum werden straffrei ermöglicht.
  • Privater Eigenanbau wird in begrenztem Umfang erlaubt.
  • Laufende Ermittlungs- und Strafverfahren sollen zu dann nicht mehr strafbaren Handlungen beendet werden.
  • Der Vertrieb darf mit Alterskontrolle in lizenzierten Fachgeschäften und ggf. Apotheken erfolgen.
  • Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt.
  • Es werden Vorgaben festgelegt, um die Qualität und Reinheit sicherzustellen.
  • Als Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb wird die Vollendung des 18. Lebensjahres festgelegt (ggf. mit einer Obergrenze für den THC-Gehalt bis zum 21. Lebensjahr).
  • Es ist die Einführung einer besonderen Verbrauchssteuer („Cannabissteuer“) vorgesehen.
  • Die cannabisbezogene Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie zielgruppenspezifische Beratungs- und Behandlungsangebote werden weiterentwickelt

Juni 2022

Expertenhearings zu unterschiedlichen Aspekten der Gesetzgebung werden durchgeführt:

I (14.06.2022): Gesundheits- und Verbraucherschutz

II (15.06.2022): Jugendschutz und Prävention

III (28.06.2022): Lieferketten, ökologische und ökonomische Fragestellungen

IV (29.06.2022): Strafbarkeit, Kontrollmaßnahmen und Lizenzierung

V (30.06.2022): International Expert Hearing – Konferenz zu internationalen Erfahrungen

7. Dezember 2021

Im Koalitionsvertrag (Seite 68) schrieb die Regierung: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.”

Aufgaben für die Fachstellen für Sucht und Suchtprävention und die NLS

Der §23 Absatz 5 CanG beinhaltet eine „Soll-Vorschrift“ für die Anbauvereinigungen zur Kooperation mit den regionalen Suchtberatungsstellen.

„(5) Anbauvereinigungen sollen mit Suchtberatungsstellen vor Ort in der Weise kooperieren, dass Mitglieder mit einem riskanten Konsumverhalten oder einer bereits bestehenden Abhängigkeit ein Zugang zum Suchthilfesystem ermöglicht wird.“

In §23 Abs 4 CanG wird die verpflichtende Schulung der Präventionsbeauftragten der Anbauvereinigungen festgeschrieben. Hier werden explizit die Landes- und Fachstellen für Suchtprävention genannt. Die Planung der NLS zu dieser Aufgabenstellung finden sie im Bereich Initiativen der NLS zum CanG.

Hier der Gesetzestext (Hervorhebung durch uns)

  • 23 CanG

(4) Anbauvereinigungen sind verpflichtet, zu einem umfassenden Jugend- und Gesundheitsschutz beizutragen und ihre Mitglieder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis anzuhalten. Zu diesem Zweck ernennt der Vorstand jeder Anbauvereinigung ein Mitglied als Präventionsbeauftragten. Der Präventionsbeauftragte steht Mitgliedern der jeweiligen Anbauvereinigung als Ansprechperson für Fragen der Suchtprävention zur Verfügung. Er stellt sicher, dass durch die Anbauvereinigung geeignete Maßnahmen zur Erreichung eines umfassenden Jugend- und Gesundheitsschutzes sowie zur Suchtprävention getroffen werden, insbesondere bringt der Präventionsbeauftragte seine Kenntnisse bei der

Erstellung des Gesundheits- und Jugendschutzkonzeptes nach Absatz 6 ein und stellt dessen Umsetzung sicher. Der Präventionsbeauftragte hat gegenüber der Anbauvereinigung nachzuweisen, dass er über spezifische Beratungs- und Präventionskenntnisse verfügt, die er durch Suchtpräventionsschulungen bei Landes- oder Fachstellen für Suchtprävention oder bei vergleichbar qualifizierten Einrichtungen erworben hat. Der Nachweis der Beratungs- und Präventionskenntnisse wird durch eine Bescheinigung der Teilnahme an einer der in Satz 5 genannten Schulungen erbracht.

Der §7 CanG beschreibt die Frühinterventionsangebote (Hervorhebungen durch uns). Wenn Minderjährige mit Cannabis auffällig werden, werden sowohl Erziehungsberechtigte als auch die örtliche offizielle Jugendhilfe informiert. Letztere soll auf den Besuch eines Frühinterventionskurses hinwirken, diese können durch die in diesem Bereich erfahrenen Fachstellen angeboten werden. In diesem Bereich gibt es bereits evaluierte Angebote wie “FreD” oder “Realize it“.

  • 7 CanG

(1) Verstößt eine minderjährige Person gegen § 2 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 12, ohne sich nach § 34 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 12 strafbar zu machen, hat die zuständige Polizei- und Ordnungsbehörde unverzüglich die Personensorgeberechtigten hierüber zu informieren.

(2) Bei gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung des Wohls des Kindes oder des Jugendlichen hat die zuständige Polizei- und Ordnungsbehörde darüber hinaus unverzüglich den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu informieren und die aus ihrer Sicht zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos erforderlichen Daten zu übermitteln. Gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung können insbesondere bei Hinweisen auf ein riskantes Konsumverhalten unter besonderer Berücksichtigung des Alters der minderjährigen Person vorliegen. § 4 Absatz 2 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz gilt entsprechend.

(3) Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat unter Einbeziehung der Personensorgeberechtigten darauf hinzuwirken, dass Kinder und Jugendliche geeignete Frühinterventionsprogramme oder vergleichbare Maßnahmen auch anderer Leistungsträger in Anspruch nehmen.

Tätigkeiten der NLS

Die NLS will ein Schulungscurriculum für die Schulung von Präventionsbeauftragten der Anbauvereinigungen entwickeln und interessierte Mitarbeiter*innen der Fachstellen in diesem Curriculum schulen, damit die Schulungsangebote für die Anbauvereinigungen dann vor Ort umgesetzt werden können. Geplant ist, dass die Entwicklung bis zu den Sommerferien abgeschlossen ist, damit die Umsetzung dann unmittelbar nach den Sommerferien beginnen kann. Das Curriculum soll soll in Kooperation mit interessierten Fachstellen entwickelt werden. Hierzu gibt es noch ein Mail an alle Fachstellen.

Die konkrete Umsetzung der Schulungen überlassen wir den Fachstellen. Fördermittel sind hierfür bislang nicht vorgesehen, aber die Teilnehmenden müssen eine TN-Gebühr entrichten.

Noch ein Hinweis: Nach jetzigem Stand plant das Bundesgesundheitsministerium, ein Mustercurriculum erarbeiten zu lassen – die Ausschreibung kann aber erst nach Inkrafttreten des Gesetzes starten.

Wir halten diese Seite aktuell und informieren somit über die Neuerungen, die sich aus dem Gesetz, den Ausführungsvorschriften und deren Umsetzung ergeben. Bei wichtigen Ereignissen informieren wir die Fachstellen zeitnah per E-Mail.

Bitte teilen Sie uns mit, wenn sich durch die Umsetzung oder externe Anfragen Bedarfe und Fragestellungen für Ihre Beratungsstelle ergeben. Diese sind sicher auch relevant für andere Einrichtungen. Wir werden versuchen, zeitnah zu unterstützen und stellen die gewonnenen Erkenntnisse allen Fachstellen zur Verfügung.

Ihre Ansprechperson


Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (NLS)

Tobias Trillmich

Grupenstraße 4, 30159 Hannover